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DER BELARUSSISCHE PAVILLON AUF DER 54. BIENNALE VENEDIG (2011): PRIVATSPHÄRE VON JURY ALISEWITSCH

Die Installation wurde auf der 54. Biennale di Venezia 2011 vorgestellt.

Artikel: Ekaterina Kenigsberg

Jury Alisewitsch sind in gleichem Maße zarte Romantik wie philosophische Verallgemeinerungen typisch. Schon seit den ersten Studienjahren macht er flüchtige Skizzen mit dem Bleistift oder Kuli. In der Regel sind es städtische oder ländliche Landschaften und Innenausstattungen. Am Anfang dienten diese Skizzen als Entwürfe für die zukünftigen Werke. Doch später ersetzten sie die verbreitete Fotographie. Der Künstler ist es nicht gewohnt, eine Kamera zu benutzen. Mit der Zeit bekamen die Skizzen eine ganz eigenständige Bedeutung und wurden speziell für Projekte gemacht. Manchmal werden den Skizzen ziemlich ausführliche Erklärungstexte beigelegt.

Die Reihe „Meine Umgebung“ ist speziell für die Präsentation im belarussischen Pavillon auf der Biennale gedacht. Die Werke gewähren Einblick in die Privatsphäre des Künstlers. Die Bilder wurden mit schwarzem Gelstift auf gelblichem Papier gezeichnet. Jury Alisewitsch überträgt aufs Papier die Einzelheiten des Alltags, ohne sie nach Bedeutung zu trennen. Er zeichnet das, was ihn umgibt, ohne es zu verschönern oder etwas auszudenken: die Innenausstattung seiner Wohnung und der Werkstätte, wo er arbeitet. Für den Autor sind kleine und große Details gleich wichtig: von dem Löffel und der Tasse auf dem Tisch bis hin zum arabesken Teppichmuster.

Es wird angenommen, dass sich die Künstler der Farbensprache bedienen, um mit der Außenwelt zu kommunizieren. Die Bilder von Jury Alisewitsch sind förmlich schwarz-weiß. Die auf den ersten Blick linearen Zeichnungen scheinen monochrom zu sein. Erst bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass die Farbe da ist. Sie ist einfach mit ausführlichen Unterschriften verschlüsselt, die zum eigentlichen Kommunikationsmittel werden. Sie lenken von der Komposition nicht ab, sondern unterstreichen das Sujet und lassen Raum für die Fantasie des Betrachters und eine künstlerische Umdeutung. Der Betrachter betritt unmerkbar den Arbeitsraum, denkt sich ein eigenes Farbspektrum aus und schafft auf der Grundlage eigener sozialer und kultureller Erfahrungen seine Interpretation des Sujets.

Jury Alisewitsch wohnen eine umfassende Sicht auf die Gesamtstruktur der Komposition, eine feine Ausdrucksweise und metaphorische Künstlersprache inne. Eine sichere Zeichnung dünner Linien unterstreicht das Sujet. Die Sujets scheinen auf den ersten Blick alltäglich zu sein, aber diese Banalität wird von einem herausragenden Sinn für Humor ausgeglichen. Ohne die Realität schönzufärben, modelliert Jury Alisewitsch die räumlich-gegenständliche Umgebung, in der er lebt und die er darstellt. Die Emotionalität der Werke wird einigermaßen durch die statischen Bilder ausgeglichen. Aber diese auf den ersten Blick statische Komposition ist von einer inneren Dynamik gefüllt.

Der Reihe ist eine gewisse Bedingtheit und Flachheit des Bildes typisch. Die Variabilität der Kompositionen wird durch lakonische Ausdrucksmittel betont. Diese Werke sind ein Dialog des Künstlers mit dem Betrachter. Der Autor bringt dem Betrachter die Kunst des Sehens bei, indem er einfache Mittel benutzt: Bleistift (in diesem Fall Gelstift) und Papier. Im Endeffekt findet hier jeder etwas, was er finden will und kann. Der eine sieht in diesem Werk feine räumliche Bilder voller Licht und Schatten, Linien und Spiegelungen. Der andere spürt seine Beteiligung an den Ideen des Künstlers, und jemand geht uninteressiert vorbei.

Jury Alisewitsch nimmt seine Umgebung als künstlerischen Wert wahr, der zu einem originalen Weg in eine andere Dimension wird, wo Unbefangenheit und Unabhängigkeit herrschen.

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